101. Frauentag - Wahlrecht, Zugang zu Hochschule und vieles mehr sind alte Hüte. Haben Frauen heute noch besondere frauenpolitische Probleme, die am 8. März thematisiert werden müssen? Ja, auch 2012 können wir noch immer nicht sagen, dass Frauen die gleichen Chancen haben wie Männer.
Die Frage nach Vereinbarung von Beruf und Familie wirft viele Probleme auf. Während mehr als 50% der Mädchen Abitur machen und einen Studienabschluss machen, nimmt der Frauenanteil im Erwerbsleben und schliesslich in Führungspositionen auf eine einstellige Zahl ab. In den 200 größten Unternehmen in Deutschland sind nur etwa drei Prozent aller Vorstandspositionen mit Frauen besetzt.
Die Einführung einer verbindlichen Frauenquote kann helfen, wie einige Beispiel aus Europa, z.B. in Norwegen zeigen. Auch EU Justiz-Kommissarin Viviane Reding kündigte 2010 an, eine Frauenquote in der gesamten Union einzuführen, falls die Wirtschaft bis zum 8. März 2012 kein überzeugendes Konzept vorlegt. Ein EU-Gesetzgebungsverfahren zu Einführung einer europäischen Quotenregelung ist startklar.
Aber allein eine Frauenquote hilft nicht weiter. Für die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen ist vor allem auch eine ausreichende Anzahl von Kinderbetreuungsplätzen, insbesondere für unter 3-Jährige Voraussetzung, so dass Mütter überhaupt berufstätig sein können. So besuchen in Norwegen 75 % der Kinder im Alter von ein bis zwei Jahren eine Kindertagesstätte; in Deutschland nur rund 23 %.
Die gesellschaftliche Akzeptanz der Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss weiter gefördert werden. Hier spielen flexible Arbeitszeiten und Möglichkeiten zur Home-Office-Arbeit eine Rolle. Auch in punkto Berufswahl besteht Handlungsbedarf. Um Frauen für die sogenannten stark gefragten MINT-Berufe zu gewinnen müssen mehr Initiativen wie z.B: der Girls’ Day gestartet werden.
Ein ganz wesentlicher Punkt ist „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. So zeigt der Equal Pay Day am 23. März 2012 wie lange Frauen arbeiten, um den gleichen Lohn wie ihre männlichen Kollegen für das Jahr 2011 verbuchen zu können. Frauen verdienen für den gleichen Job noch immer weniger – im deutschen Durchschnitt 23 % weniger. Im EU-Ranking ist Deutschland mit Portugal Schlusslicht.
Absolut kontraproduktiv ist im Hinblick auf den zunehmenden Fachkräftemangel der Vorschlag der schwarz-gelben Bundesregierung ab 2013 ein Betreuungsgeld für Familien zu zahlen, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Monatlich sollen 100 Euro bis 150 Euro pro Kind gezahlt werden. Im Frühjahr dieses Jahres soll der Bundestag einer Regelung zustimmen. Dass Frauen in Deutschland mit einer „Herdprämie“ vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden sollen, lehnt auch die EU-Kommission ab.
Moderne Familienpolitik sollte doch besser die Milliarden, die für das Betreuungsgeld ausgegeben werden sollen in den Ausbau von Betreuungsangeboten in Kindertagesstätten investieren – eine Politik, von der alle Kinder und Eltern und auch Unternehmen profitieren würden.
In Kooperation mit der Wirtschaft muss die Politik in punkto betriebsnahe Kinderbetreuung noch einiges tun. Vorbildliche Unternehmen bieten hier Modelle wie z.B. Ferien- und Notfallbetreuungen, Vermittlung von Tagesmüttern oder Au Pairs und steuerfreie Zuschüsse von Unternehmen für die KiTa-Betreuung der Mitarbeiterkinder. Hier sind aber flächendeckende Lösungen gefragt. So auch bei Wiedereinstiegsprogrammen für Mitarbeiter nach der Elternzeit. Gleiches gilt bei auch bei der Pflege von Angehörigen – auch hier sind es meist Frauen, die sich um ältere Eltern kümmern, und gleichzeitig den Anschluss an das Berufsleben nicht verlieren wollen.
Für diese und weitere frauenpolitische aktuelle Probleme bleibt für die AsF und die SPD viel zu tun. Mit der Initiative http://www.spd-fem.net, die in Kürze startet, will die SPD Frauen eine neue politische Plattform bieten – ein guter, zeitgemässer Ansatz.
Victoria Schmid, stellv. Landesvorsitzende der ASF Sachsen-Anhalt
Das Plakat der AsF zum diesjährigen Frauentag 2012 findet ihr hier >>>